NACHWORT


Das vorliegende Buch richtet sich Wider das Vergessen. Doch der eigentliche Zweck ist das Bekannt machen. Es gibt keine „Aufarbeitung" der Geschichte. Höchstens ihr Erkennen mit dem Ziel, aus ihr zu lernen. Historiker werden sich auch im neuen Jahrtausend mit unserer Zeit befassen, ebenso wie es Forscher heute analog mit vergangenen Epochen tun. Die Erlebnisse sind aus der Augenhöhe eines kleinen Landsers und Plennijs beschrieben. Ich wollte nicht nur mitteilen, wie es war, sondern versuchte deutlich zu machen, wieso es so war.

Vielen Frontsoldaten wird während des II. Weltkrieges weit Schlimmeres widerfahren sein. Kriegsgefangenen kaum, denn dann wären sie wohl nicht heimgekehrt. Die Kriegsgefangenschaft bildet den Hauptteil des Buches, da diese Zeit mein Leben entscheidend prägte. Möglicherweise kann man mir nachweisen, dass sich manches zu einem etwas früheren oder späteren Zeitpunkt zutrug. Man bedenke: Es sind Jahrzehnte vergangen. Da ist es unvermeidlich, dass sich zeitliche Abläufe verweben.

Wertvolle Hilfe bei der Feststellung bestimmter Geschehnisse leisteten ehemalige „Asbestler" durch Korrespondenzen, Telefonate, persönliche Niederschriften und Besuche. Großen Dank schulde ich: Günther Bielicke, Werner Blei, Manfred Buzmann, Werner Grund, Walter Hauff, Heinz Kadelbach, Andreas Kölbl, Karl-Heinrich Macheleidt, Artur Mehrbrodt, Werner Minkenberg, Hubert Nutz, Hans Rochau, Hans Sagemüller, Günter Schulz, Fritz Wehmeyer, Hermann Weiss, Karl Zink. Ihre Erinnerungen verdichten das Gesamtbild über die Kriegsgefangenenlager in der Stadt Asbest. Dennoch erhebt es keinen Anspruch auf umfassende Betrachtung.

Vielleicht scheinen einige Passagen von Erinnerungsoptimismus geprägt. Aber Pessimismus war mir selbst in den schwersten Stunden fremd. Das werden alle Kameraden bestätigen, die sich 1942 neben mir mit ihren schwer beladenen Fahrrädern bis nach Stalingrad quälten oder von 1944 bis 1949 mit mir das Leid der Gefangenschaft teilten. Ich habe alles so erlebt, wie ich es niederschrieb. Oder genauer: Ich habe es so empfunden. Möglicherweise nahmen manche Kameraden diese oder ähnliche Situationen ganz anders in sich auf.

Mir liegt es fern, jemandem vorzuschreiben, wie er sich zu erinnern hat. Ich möchte mir aber auch nicht sagen lassen,, wie ich mit meinem Gewissen umzugehen habe. Ich konnte das Erlebte nicht im Hass beschreiben, aber auch nicht beschönigen. Dafür war der Krieg zu grausam. Für beide Seiten.

Wolfgang Stadler


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